Spinale Ischämie: Die erste Woche auf der Schlaganfall-Station – Perspektive der Tochter

 

Am Mittwoch, den 13.4.2016, einen Tag nach dem Schicksalsschlag, waren wir gleich früh morgens wieder auf der Intensivstation. Meinem Vater ging es den Umständen entsprechend gut, er hatte die Nacht überlebt, es war keine innere Blutung aufgetreten. Dies war eine der schwerwiegendsten Nebenwirkungen, die aufgrund der Lyse Therapie hätten auftreten können. Deswegen musste er auch nach wie vor nüchtern bleiben, da jederzeit eine Notoperation hätte notwendig werden können.

 

Aber alles war komplikationslos verlaufen.

 

Es wurde ein weiteres MRT angefertigt und auf dem sah man, dass die Rückenmarksnekrose, die am Tag zuvor als verschattete Zone im Rückenmark entdeckt wurde, sich nicht weiter ausgedehnt hatte. Die Prognose war demnach, dass die Lähmung sich nicht weiter ausbreiten würde.

 

Ansonsten waren die Ärzte äußerst vorsichtig mit den Prognosen. Sie sagten wahrheitsgemäß, dass momentan völlig unklar sei, ob und wie sich Motorik und Sensorik entwickeln würden. Sie sagten auch, dass wir über Zeitfenster von Monaten bis mehreren Jahren sprechen, in denen eventuell eine partielle Regeneration und Rückkehr von Motorik und Sensorik möglich sein könnte.

 

Die Vitalfunktionen meines Vaters waren stabil und so wurde nach und nach die intensivmedizinische Versorgung zurückgefahren und er wurde auf die Schlaganfallstation im gleichen Haus verlegt. Dort war er der einzige Patient mit diesem Krankheitsbild. Schon in den ersten Tagen kamen Physiotherapeuten und führten manuelle Therapie durch, sie bewegten die Beine durch und machten Atemübungen mit ihm. Wir folgten von Anfang an interessiert den Anleitungen und Ausführungen und führten die Übungen mit meinem Vater in der Leerlaufzeit während der Tage auf der Schlaganfallstation und auch später immer wieder selbstständig durch. Vor allem das regelmäßige Umlagern als Dekubitus Prophylaxe war äußerst relevant. Wir versuchten mit allen Hilfsmitteln die Muskulatur geschmeidig zu halten (Massagen mit Creme und Öl, Durchbewegen der Beine) und die Nerven zu stimulieren (Druckpunktmassagen der Fusssohlen, Massage mit Igel-Ball).

 

Vor allem meine Mutter wich nicht von der Seite meines Vaters. Sie war von früh morgens bis spät abends am Krankenbett und übernahm auch viele pflegerischen Tätigkeiten. Sie trug damit sicherlich zu einer enormen psychischen Stabilisierung meines Vaters bei, indem sie die plötzliche Abhängigkeit und körperliche Entmündigung meines Vaters abmilderte. Nicht fremde Personen und Pflegepersonal übernahmen die Regie, sondern eine geliebte Person, der mein Vater zu hundert Prozent vertrauen konnte. Der unerschütterliche Mut, die endlose Kraft und die grundlegend positive Lebenseinstellung meiner Mutter mit dem Leitspruch „Wir schaffen das!“ haben meinen Vater über viele Hürden hinweggetragen.

 

Ich kümmerte mich in den darauffolgenden Tagen um eine zügige Rückverlegung in die sogenannte Akut-Reha, zurück in die Paraplegiologie. Dort würde mein Vater die nächsten acht Wochen verbringen. Zweck dieser immer noch akuten Betreuungsphase waren vor allem die Stabilisierung seines Zustandes, das Ausruhen und Ankommen, psychologische Betreuung, das Management von Körperfunktionen und das Erlernen des Umgangs mit dem Rollstuhl im Zuge eines intensiven Rehaprogramms.

 

Am Freitag, den 15.4.2016 wurde er dorthin verlegt.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog